Gestatten – 10+ Begriffe, mit denen Ihr echt beeindrucken könnt

 

Mir ist ja, wie Ihr vielleicht schon gemerkt habt, sehr daran gelegen, Euch schnell ein gesundes Selbstvertrauen gegenüber Kunst zu geben. Manchmal ist es ganz einfach, andere mit seinem Wissen auf dem Gebiet zu beeindrucken, wenn man nur um kleine Unterschiede und Merkmale weiß. Hier 10 und mehr Begriffe, die einfach zu merken sind und trotzdem Eindruck schinden:

Drei- und Vier-Nagel-Typus
Ein Phänomen das, wenn man es einmal wahrgenommen hat, für immer im Gedächtnis bleibt: Wenn Ihr das nächste Mal ein Kruzifix seht (ein Kreuz mit Körper dran), achtet doch mal darauf, wie der Gekreuzigte befestigt ist. Manchmal hängen seine Füße nebeneinander und jeder ist mit einem Nagel am Kreuz befestigt. Zusammen mit den Händen macht das vier verwendete Nägel, also haben wir es mit einem sogenannten Vier-Nagel-Typus zu tun. Dieser war zunächst der übliche, von der byzantinischen Kunst beeinflusste Typ. Bestes Beispiel: Das Gerokreuz im Kölner Dom als eines der frühesten bekannten Darstellungen Christi am Kreuz. Im 12. Jahrhundert ändert sich die Darstellung: Christus hat nun die Füße übereinander liegend, sodass sie mit einem Nagel zusammen ans Kreuz geschlagen sind. Voilà, der Drei-Nagel-Typus. Erst im Barock taucht auch wieder der Vier-Nagel-Typus auf.

Plastik und Skulptur
Beides sind dreidimensionale Objekte, trotzdem gibt es zwei Bezeichnungen für sie. Der Grund liegt in einem kleinen Unterschied: Bei der Skulptur haben wir ein festes Ausgangsmaterial (Holz, Stein), von dem etwas weggenommen wird, um die Figur zu formen. Bei der Plastik ist es umgekehrt: Hier wird zunächst für die Gussform weiches Material (Gips, Ton) zusammengefügt und geformt.

Tempera, Öl und Gouache
Um Farbpigmente auf die Leinwand zu bringen, braucht es ein Bindemittel. Vereinfacht gesagt verwendet man bei Ölfarbe – oh Wunder – Öl. Bei Gouache ist es Kreide und Gummi Arabicum, bei Tempera Eiweiß (nein, das fängt nicht irgendwann an zu stinken).

Absichtlich konstruiert – absichtlich klein

Bedeutungs-, Erfahrungs- und konstruierte Perspektive
Wenn Ihr im Kunstunterricht gut aufgepasst habt, wisst Ihr, wie man eine konstruierte Perspektive anfertigt: Man zieht eine horizontale Linie, macht ein Kreuz drauf und lässt nun alle Linien im Bild darauf zulaufen. Bevor diese Konstruktion in der Renaissance wiederentdeckt wurde, bedienten sich die Maler der Erfahrungsperspektive, sprich: sie malten die Tiefe nach Gefühl und Augenmaß. Manchmal scheinen sie sich aber bei den Größenverhältnissen extrem vertan zu haben: Da knien dann z.B. Mini-Erwachsene neben einem Riesen-Heiligen. Aber das gehört so. Hier geht es nicht um eine realistische Wiedergabe, hier wird die Bedeutung der Personen durch ihre Körpergröße ausgedrückt.

Sfumato und Chiaroscuro
Sfumato
klingt so, als müsste man mit einem „Gesundheit“ darauf antworten. Gemeint ist damit die Unschärfe und das Verblassen von Farben im Bildhintergrund, die Leonardo da Vinci entdeckt hat und damit seinen Bildern Tiefenwirkung gab. Das Chiaroscuro setzt sich aus chiaro für hell und oscuro für dunkel zusammen. Gemeint ist also die Hell-Dunkel-Malerei, die maßgeblich von Caravaggio entwickelt wurde und mit starken Licht-Schatten-Kontrasten arbeitet.

Engel, Putti, Eroten
Alles (meist männliche) Personen mit Flügeln. Eroten –  kleine, pummelige Kinderengel – gehen, wie ihr Name schon sagt, auf Eros, den griechischen Gott der Liebe zurück. Sie tauchen entsprechend in Bildern mit mythologischen Darstellungen auf. Ihre christlichen Pendants sind die Putten (oder Putti), die verstärkt im Barock auftauchen (sowohl im christlichen als auch im profanen Kontext). Engel sind erwachsene Putten, jedoch haben sie immer christlich-religiösen Bezug.

Ob rund oder eckig: Auf Heiligenscheine gibt´s kein Religions-Monopol.

Nimbus, Limbus,  Imbus
Nimbus bedeutet eigentlich „dunkle Wolke“ meint aber den Lichtkranz, der über den Köpfen der Heiligen leuchtet (also den Heiligenschein). Das Erleuchten des Hauptes oder auch des ganzen Körpers findet sich übrigens auch in anderen Religionen. Der Limbus ist in der katholischen Theologie „ein Ort am Rand der Hölle“. Wer nicht in den Himmel kann, sich aber nichts zu Schulden hat kommen lassen, wie z.B. ungetaufte Kinder, landet hier. Einen Imbus kennt jeder, der schon mal ein IKEA-Möbel aufgebaut hat. Er hat mit Kunst nichts zu tun, aber seine Verwendung kann dem Zustand im Limbus sehr nahe kommen.

Pan und Teufel
Ihr trefft einen Typen mit Hörnern und Bocksbeinen? Wenn Ihr Glück habt ist es Pan, der griechische Hirtengott. Er liebt Musik, Gesang, Tanz und Sex. Ihr werdet also Spaß mit ihm haben, es sei denn, er wird jähzornig und jagt Euch (s)einen panischen Schrecken ein. Der Teufel ist sozusagen seine christliches Variante, steht aber für das Böse an sich. Also lauft, wenn Ihr ihn trefft!

9. Schüssel-, Röhren-, Haarnadel-Falten
Falten
sind allgemein ziemlich unbeliebt, Kunsthistoriker kann man damit zusätzlich in den Wahnsinn treiben. Denn die Gestaltung von Gewand und Mantel an einer Figur (gemalt oder gemeißelt) lässt Rückschlüsse auf deren Datierung und Herkunft zu. Bevor ich hier umständlich beschreibe, schaut Euch einfach die Bilder an.

Nomes est Form-Omen

Verso und recto
Wer das einmal verstanden hat und es sich dauerhaft merken kann, ist ein Held. Ich muss es immer wieder nachschlagen… Die beiden Begriffe kommen aus der Buchmalerei, besser gesagt aus dem Umgang mit alten Schriften. Schlägt man eine solche auf, ist die Verso-Seite auf der linken, die Recto-Seite auf der rechten Hälfte zu sehen. Das klingt erstmal plausibel. Jedoch werden die Seiten nicht, wie wir es üblicherweise kennen, einfach durchnummeriert, sondern jede Seite (Vorder- und Rück, nicht die Doppelseite) erhält eine Nummer. So besteht z.B. die Seite 7 aus 7r(ecto) und 7v(erso). Suchen wir in einer Handschrift nach einer bestimmten Darstellung und haben die Angabe 15v, finden wir sie auf der Rückseite der Seite 15.

 

Und nächstes Mal? Das weiß ich selbst noch nicht.

 

Gerokreuz, wohl 3. Viertel 10. Jh. (Strahlenkranz von 1683), Kölner Dom, Wiki Commons | Guariento di Arpo: Thronende Maria mit dem segnenden Kind und einem Stifter, um  1355/1360, © Foto: Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Fotograf/in: Christoph Schmidt | Gandhara Buddha, 1.-2. Jh.n.Chr., Tokyo National Museum, Wiki Commons | Papst Pascalis I, Mosaik, zw. 817 und 824 Basilica di Santa Prassede, Roma, Wiki Commons | Madonna mit Kind, Nürnberg, um 1480, (c) Metropolitan Museum of Art, New York | Madonna und Kind, Frankreich, 2. Hälfte 14. Jh., Nationalmuseum Schweden | Madonna und Kind, Frankreich, 14. Jh., (c) Metropolitan Museum of Art, New York

 

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