Gestatten – Der Adventskalender der Farben (Teil 2)

GRÜN

Gemeinsam mit meiner lieben Freundin und Goldschmiedin Jana Voll habe ich auf Facebook einen besonderen Adventskalender gestartet. Jede Woche ist dabei einer Farbe gewidmet. Wir erzählen Euch Hintergründe, Verwendung und Wirkung verschiedener Materialien aus kunsthistorischer und kunsthandwerklicher Sicht.

Ach, Du grüne Neune! Nur noch zwölf Tage, dann ist Heilig Abend! Habt Ihr schon alle Geschenke, oder seid Ihr bisher noch auf keinen grünen Zweig gekommen? Zum Glück hängen ja aber am Weihnachtsbaum genug dran… In manchen Regionen ist es ja Ritus, den Christbaum über den grünen Klee zu loben. Vom anschließenden Schnaps wird dem ein oder anderen ganz grün um die Nase. Ausgerechnet grün ist keine natürliche Farbe, weil sie aus blau und gelb besteht. Dabei sehnen wir uns gerade besonders nach ihr, denn sie erinnert uns an die frischen Triebe und jungen Blätter, die im Frühjahr wieder sprießen. Grün ist die Farbe der Hoffnung, des Neuen und des Erlaubten, aber auch des Neids und der Naivität. Wer grün hinter den Ohren ist, glaubt vielleicht sogar, von Menthol-Zigaretten bekäme man eine Grüne Lunge…

Seladongrüner Rock, 1777, Livrustkammaren, Stockholm*

SELADON

Ursprünglich war Celadon der Namen eines Hirten, der mit seinen Schäfchen über idyllische Wiesen sprang. Er selbst war dem Geiste des französischen Schriftstellers Honoré d’Urfé (1567-1625) entsprungen und spielte in dessen Roman „L´Astrée“ den Verehrer der titelgebenden Protagonistin.

Maebyeong dekoriert mit Kranichen und Wolken, Japan, spätes 13. Jh., MET, New York

Ich gebe zu, weder die Geschichte noch den Verfasser vorher gekannt zu haben. Der Name Celadon bzw. Seladon hat sich jedoch für einen als hell-, grau- oder meergrün beschriebenen Farbton etabliert, denn im Roman trägt der schmachtende Schäfer Kleidung in eben jenem Kolorit. – Ein Outfit, das für seine Zeit stilbildend war. Keramik mit Seladon-Glasur wurde in China schon im 3. Jahrhundert hergestellt und ist bis heute sehr beliebt.

* CC By-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

MALACHIT

Der Name des Malachit geht auf das griechischen Wort „malache“ (für Malve) zurück, weil seine Farbe dem Laub der Malve ähnlich sieht. In den alten Hochkulturen wurde er in zermahlener Form für Lidschatten verwendet.. Dies bitte nicht nachmachen. Ich kann mir nicht vorstellen das das Kupfersilicat gesund ist für die Augen. Bis ins Mittelalter wurde er zu Goldleim verarbeitet, mit dem sich Goldschmuck löten ließ.

In alten Überlieferungen wird er auch als „Hebammenstein“ bezeichnet, weil er in der Lage sein soll Wehen zu lindern. Außerdem zeigt er ein Auge, dies entsteht durch seine Mehrlagigkeit und wenn der Edelsteinschleifer ihn entsprechend abrundet. Daher soll besonders auf Kinder ein schützendes Auge werfen. Außerdem beschert er mehr Verständnis sowie Liebe gegenüber der Umwelt und verdeutlicht zurückgestellte Bedürfnisse oder Gefühle. Wenn das also nicht ein Edelstein ist, der in jedes Schmuckkästchen gehört. Wir haben übrigens wirklich festgestellt das 2020 das Jahr der grünen Edelsteine ist. Viele unsere Kundinnen haben sich dieses Jahr magisch zu grünen Edelsteinen hingezogen. Also scheint etwas dran zu sein an dem alten Spruch: Grün ist die Farbe der Hoffnung.

MALACHIT zum Zweiten

Pierre Philippe Thomire: Monumentale Vase, frühes 19 Jh., MET

Diese zwei Engel sind mega-berühmt (, nur leider nicht gemeinfrei): https://bit.ly/376×561. Aber was haben sie mit Malachit zu tun? Nun, das Gemälde aus dem sie stammen, wird von grünen Vorhängen gerahmt, die mit dem Farbstoff gemalt wurden. Seine Verwendung reicht bis in die Antike zurück, die ältesten Reste (von vor 9.000 Jahren!) hat man als Wandfarbe im heutigen Jordanien gefunden. Als Lötmittel kam er zum Beispiel bei der Maske des Tutanchamun zum Einsatz.

Nicht ganz so berühmt wie der Pharao und die Engel, aber mindestens so schön und beeindruckend ist das Stundenbuch „Les Très Riches Heures“, das Anfang des 15. Jahrhunderts für den Duc du Berry gemalt wurde. Obwohl über 600 Jahre alt, leuchten seine Darstellungen der einzelnen Monate noch heute wie frisch gemalt. Auch hier finden wir Malachit: im Mai, an den Gewändern der feinen Damen und Herren: https://bit.ly/364BgQh. (Kleiner Tipp: Schaut Euch auch mal die Seite zum Februar an. Da gibt es ein frivoles Detail zu entdecken ;) )
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Osiris-Figur, ägyptisch, ca. 1070–664 v.Chr., MET

GRÜNSPAN

Grünspan haben wir alle schon mal gesehen, denn es entsteht, wenn Kupfer oxidiert. Normalerweise will man ihn loswerden (Farbe und Textur haben etwas ungesund-schimmeliges), in der Malerei wurde es aber extra hergestellt, und zwar in Spanien, was sich in der deutschen Bezeichnung niedergeschlagen hat. Das Pigment leuchtete besser als jedes andere, deswegen war es bei Künstlern so beliebt. Aber man musste mit ihm umzugehen wissen! In Verbindung mit Öl hatte Grünspan zunächst einen ordentlichen Blaustich und entwickelte erst nach einigen Wochen sein saftiges Grün. Mit Harz als Trägermasse verlor es auf Dauer seinen Farbton und wurde unter dem Einfluss von Luft und Licht bräunlich. Wie ein Blatt, das verwelkt… Manches Gemälde eines alten Meisters ist also ursprünglich vielleicht garnicht so matschfarben gewesen, wie es heute aussieht.

TURMALIN

Kette mit Turmalin

Er hat eine unvergleichliche Farbenvielfalt. Von rot bis grün, blau oder gleich mehrfarbig in einem Kristall: Der Turmalin ist ein sehr interessanter Edelstein, auch wegen seiner physikalischen Eigenschaften. Goethe schrieb über seine „magnetischen und turmalinischen Wirkungen“. Erhitzt er sich und kühlt wieder ab, lädt er sich elektrisch auf. So hat er in Holland den Namen: Aschentrekker. Er kann aufgeladen leichte Teilchen wie Asche oder Papierstückchen anziehen bzw. abstoßen.

Grüne Turmaline wirken entspannend auf die Nerven, sie gelten als Glücksstein des Steinbocks, besonders in beruflichen Angelegenheiten… da helfen schöne Schmuckstücke ja sowiesooo. Sie verleihen dem Schmuckträger Selbstbewusstsein und erfreuen natürlich auch das Gegenüber beim Betrachten.

PREHNIT

Heute möchte ich euch mal einen eher unbekannten grünen Edelstein vorstellen und sozusagen ans Herz legen. Vom Prehnit gibt es kaum Überlieferungen. Erst durch die Besiedlung Südafrikas und Australiens wurde er bekannt. Der holländische Baron und Colonel namens Prehn hatte den grünen Stein im 18. Jahrhundert am Kap der Guten Hoffnung entdeckt. Ihm verdankt der Prehnit auch seinen Namen. In der Alten Welt kannte man den Edelstein nur in Form von kleinen, unscheinbaren Kristallen. Aber in Australien wurden leuchtend grüne Steine gefunden, teilweise so groß wie ein Fußball. Die Aborigines bezeichneten den Prehnit als Lebensstein, der direkt aus dem Herzen der Erde kommt. Die Yogis unter euch wundern sich also bestimmt nicht, dass er sich daher super, als Meditationsstein auf dem Herzchackra aufgelegt, eignet.

Wir drei Mädels von der Goldschmiede schätzen den Prehnit sehr. Er ist meist leicht transparent und seine Farbe ist im  Tageslicht noch ein bisschen intensiver und klarer – das macht ihn noch geheimnisVoller.

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Und, was denkt Ihr: Mit welcher Farbe geht es nächste Woche weiter?

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