Modesünden aus sieben Jahrhunderten
und ihr Trend-Potenzial für heute
Kennt Ihr das auch: Ihr stoßt auf ein Foto aus Eurer Vergangenheit und wisst nicht, ob Ihr lachen oder Euch schämen sollt? – ´Wie konnte ich nur so etwas tragen?!`, `Was hat mich geritten, dass ich mir so eine Frisur habe verpassen lassen?!` [Mir geht es hauptsächlich bei Kinderfotos so, aber da kann ich die Verantwortung für meinen „Style“ an meine Erziehungsberechtigten abwälzen.] Dabei sind wir damals wahrscheinlich einfach nur den Trends der Mode gefolgt. Letztere hat zwei Gesichter: Sie gerät einerseits selbst schnell aus der Mode. Andererseits heißt es, man solle Klamotten, die „out“ sind, einfach 20 Jahre lang einmotten – dann seien sie wieder „in“.
Kunst gibt uns einen guten Überblick darüber, was über die Jahrhunderte hinweg als chic galt. Und da ist Einiges dabei, das wir heute sehr sehr komisch finden. Aber wer weiß, vielleicht kommt die ein oder andere Mode tatsächlich noch einmal wieder!
Machen wir also den Check: Welcher Modegeschmack hätte heute die größten Chancen auf ein Comeback?
DIE KINNBINDE
auch Gebende oder Barbette genannt, war ab Mitte des 12. Jahrhunderts für 150 Jahre im Trend. Klar, sie wurde nur von Frauen getragen und hinderte sehr beim Sprechen.
Verwendung heute
Ein Kleidungsstück, das manche:r wohl gerne wieder sehen würde. Aber nur an Anderen! Mit Verlängerung über den Mund. Aber in einem Land, in dem Meinungsfreiheit herrscht, ist die Barbette heute zum Glück höchstens als Kleidungsstück in der Serie „The Handmaid´s Tale – Die Geschichte der Magd“ denkbar. Dafür
Komfort
Vermutlich null. Einziger Vorteil: Der Hals bleibt warm. Aber da tut es auch ein Schal. Deshalb
Trendsetter-Potenzial
Die Kinnbinde ist in der Geschichte der Mode nie wieder aufgetaucht und das wird hoffentlich auch so bleiben!
SCHNABELSCHUHE
auch Poulines genannt, waren im 14. und 15. Jahrhundert ein „must have“ für jeden Mann, der etwas auf sich hielt.
Die Länge unterlag einer strengen Ordnung: Je länger der Schuh, desto höher der gesellschaftliche Stand!
Verwendung heute
Endlich ein Schuh, der das männliche Gehorgan zur Geltung bringt und ein adäquates Pendant zu High Heels bildet! Hier kann Mann zeigen, dass er auf großem Fuß zu leben weiß! Die in der Länge gewonnene Fläche eignet sich ideal für Stickereien, Perlen, Troddeln, Nieten und allem anderen Tand, der auf Frauenschuhen längst Einzug gehalten hat. Dafür
.
Komfort
kann hier genauso wenig erwartet werden wie bei hochhackigen Frauenschuhen. Wer einen lauftauglichen Schuh sucht, soll klobige Wanderschuhe tragen.
Wer schön sein will, der muss nun mal leiden. Was den Frauen das Hoch, sei den Männern das Lang. Deshalb
Trendsetter-Potenzial
Schnabelschuhe haben wirtschaftlich hohes Potential und können mit dem richtigen Merchandising zum neuen Statussymbol für all jene werden, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Fußballstars signalisieren durchs Tragen, dass sie außerhalb des Platzes keinen Zeh krumm machen müssen (und bekommen alle Sponsorenlogos auf einmal unter). Die Sänftenbauer und -trägerbranche wird einen großen Aufschwung erleben, hunderttausende Arbeitsplätze werden damit geschaffen. Autohersteller designen ihren Kunden Karossen mit gläsernem Fußbereich –
damit die Plebs auch sieht, wie wichtig die Person im Inneren ist. Ein Fahrer wird gleich mitgeliefert.
Der Schnabel- als Elitenschuh bringt aber auch ordentlich Punktabzug, deswegen auch hier nur
DER (oder das) HENNIN [sprich: Enä]
ist die Erklärung dafür, dass wir uns edle Burgfräulein heute mit einem Zauberhut auf dem Kopf vorstellen. Zum Ende des 14. Jahrhunderts in Mode, galt hier für die Höhe, was bei den Schnabelschuhen die Länge darstellte: Je höher der Hennin, desto höher die gesellschaftliche Stellung der Dame darunter.
Verwendung heute
Sehr vielseitig! Durch seine Form und Stabilität ist der Hennin multifunktional nutzbar: Moskitonetz oder Regenschutz, Landesfahne oder Werbebanner lassen sich leicht daran befestigen. Wer mit dem Auto liegen bleibt, hat das Verkehrshütchen gleich zur Hand. Und sein Inneres bietet genug Stauraum für Handy, Portemonnaie und Co. Frau holt sich also keinen Haltungsschaden durch das Herumschleppen überfüllter Handtaschen mehr. Dafür
Komfort
Hier gilt wie für alle Modeartikel: Je maßgeschneiderter, desto angenehmer. Ob Frau auch dem damaligen Trend, dem Ausreißen der vorderen Haare für eine höhere Stirn, folgen will, sei ihr selbst überlassen. Einen kleinen Punktabzug gibt es aufgrund der notwendigen Eingewöhnungsphase (Achtung bei Durchgängen, Einsteigen ins Auto etc.). Hier können Kopf und -bedeckung Schaden nehmen.
Trendsetter-Potenzial
Die variable Verwendbarkeit spricht für sich; die Möglichkeit zur persönlichen und veränderbarer Gestaltung kommt unserem Bedürfnis nach individueller, nachhaltiger Mode entgegen. Der Hennin – wie gemacht für unsere Zeit!
DOPPELHENNINS und SCHMETTERLINGSHAUBEN
So kurzlebig ihre Trends auch sind, auf eines ist bei Mode doch Verlass: Vom Trend zur Übertreibung ist´s nur ein kleiner Schritt. Und so entwickelten auch die Hennins über die Zeit interessante Auswüchse. Zur Mitte des 15. Jahrhunderts trugen Frauen wahre Zelte (Schmetterlingshaube, im Bild oben rechts.
Gehörnter oder Doppelhennin, unten links) auf ihren Köpfen herum.
Verwendung heute
Im Gegensatz zum Ur-Hennin sind die Einsatzmöglichkeiten seiner Auswüchse stark begrenzt. Schon allein wegen ihrer Ausmaße und ihres (vermutlich hohen) Gewichts sollten diese Haubenvarianten nur zu bestimmten Anlässen getragen werden. Die Schmetterlingshaube ließe sich sicher einfach mit einer solarbetriebenen Lampe ausstatten – ideal für die dunkle Jahreszeit, besonders bei der Teilnahme am Sankt Martins-Zug (erspart das Laternenbasteln).
Der Doppelhennin, entsprechend gestaltet, könnte als Reiseutensil von Nutzen sein: Einfach bis zum Kinn heruntergezogen, dient er als Kissen und Schlafmaske zugleich. Dafür
.Komfort
Funktional betrachtet gering. Als hippes Modeaccessoire ist die Frage nach der Bequemlichkeit
ebenso überflüssig wie bei Schnabelschuhen (s. oben). Wie dort
Trendsetter-Potenzial
Für Fashion-Versessene, die keine Mühen scheuen, um im Trend zu bleiben, sind die Hauben genau das Richtige. Wer modisch „in“ sein will, muss eben auch leiden.Problematisch dürfte die Kombination Haube-Influencerin sein: Die ganze Kopfbedeckung aufs Bild zu kriegen, erfordert entweder einen drei Meter langen „Selfie-Stick“ oder einen Inspektor Gadget-Arm.
Weiterer Nachteil: Ist die ganze Haube drauf, ist das Hauptmotiv der Selbstinszenierung – das Gesicht – so klein, dass man auch gleich nur die Haube fotografieren kann.
Deswegen hier nur
Wer mehr über die Entwicklung des Hennin erfahren möchte, findet hier einen gut illustrierten Überblick: https://altevolkstrachten.de/flandrische-haube/
DER CHAPERON
Was Frauen der Hennin war den mittelalterlichen Männern der Chaperon, der ab dem 12. Jahrhundert getragen wurde. Sein Aussehen – ein großer runder Stoffring mit seitlich herabhängendem Zipfel – blieb über die Zeit hinweg jedoch relativ gleich. Zum Teil wurde der eigentliche Hut durch Stofftücher ergänzt (s. Bild oben), der Zipfel konnte auch zweigeteilt sein.
Verwendung heute
…ist hier wie beim ursprünglichen Hennin sehr vielseitig. Der Zipfel kann bei kühleren Termperaturen um den Hals geschlungen werden, ist er lang genug, lässt er sich außerdem flexibel als Einkaufsnetz (no plastic!), Sauna- und Küchenhandtuch verwenden. Auch hat man mit dem Chaperon ein bequemes Sitzkissen immer bei sich. Klassisch auf dem Haupte getragen bietet er dem Vogel, den man hat, ein behagliches Nest. Dafür
Komfort
Der Chaperon beeindruckt vor allem durch seine nicht zu sehr auskragende Größe und die flexiblen, handlichen Veränderungsmöglichkeiten (s.o.). Doch obacht! Wenn auch aus historischen Quellen nicht überliefert, kann die Okkupation des nestartigen Kopfschmucks durch andere als den eigenen Vogel nicht vollends ausgeschlossen werden. Das Abwehren brutfreudiger Krähen oder gar Störche birgt ein gewisses Verletzungsrisiko für den Träger. Deshalb hier nur
Trendsetter-Potenzial
Trotz seiner vielen Einsatzbereiche überzeugt der Chaperon als Kopfbedeckung der Zukunft nicht. In einer Gesellschaft, die der geistigen Arbeit derart huldigt wie die unsere, möchte niemand mit einem Hut herumlaufen, der das Haupt optisch auf die Größe einer hohlen Nuss schrumpfen lässt. Darum
DIE ZAZZERA
Diese Haartracht, die in den 1480er und ´90er Jahren in Venedig groß in Mode war, brachte mich auf die Idee für diesen Beitrag.
In ihr sind Vokuhila und Beatles-Pilzkopf elegant miteinander vereint.
Verwendung heute
Auch der Mann von heute trägt sein Haar gerne lang, jedoch nur selten offen. Das verwundert umso mehr, als die Zazzera doch zeigt, dass offenes Haar einem coolen Style nicht entgegenstehen muss. Der sich anschmiegende Haarwulst schmeichelt dem Gesicht wie der Bilderrahmen dem Gemälde. Nachteil: Wie alle Frisuren ist die Zazzera nicht für jeden Gesichtstypen geeignet. Darum
Komfort
Die Zazzera eignet sich besonders für die kalten Monate des Jahres, ist sie doch modische Frisur und Wollmütze in einem. An kühleren Herbst- und Frühjahrstagen lässt sie sich unkompliziert mit bunten Blättern bzw. ersten Blüten zieren und unterstreicht so die spielerische Anmut ihres Trägers. Für heiße Sommertage (Hitzestau!) empfiehlt es sich, das Haar strähnchenweise
mit bunten Spangen und Clips hochzustecken. Klare
Trendsetter-Potenzial
Hier gibt es die Höchstpunktzahl! Denn leichter und günstiger kommt Mann an keine Frisur: Ist das Haar lang genug gewachsen, wäscht man es,
zieht sich den Fahrradhelm oder eine eng sitzende Mütze auf und lässt es trocknen. Den Wulst ggf. mit dem Lockenstab noch etwas deutlicher herausarbeiten. Fertig!
DIE SCHAMKAPSEL
An dieser Stelle einen großen Dank an meine Freundin Nele, die mich auf diese besondere Modeerscheinung aufmerksam gemacht hat!
Auch Braguette, Bragetto, Brayette, Latz oder – ganz bildlich – Gliedschirm genannt, zierte sie im 15. und 16. Jahrhundert das Beinkleid so manchen Herren. Was bei Rüstungen einen sinnvollen, schützenden Charakter hatte, war bei der Alltagskleidung allein dazu da, sexuelle Potenz zu signalisieren.
Verwendung heute
Die Schamkapsel wirkt auf uns heute so irritierend wie belustigend. Dabei ist sie einfach nur subtileren, wenn nicht weniger aufdringlichen Symbolen männlichen Potenzgehabes gewichen (breitbeinig in öffentlichen Verkehrsmitteln sitzen, mit schnellen Autos durch die Innenstädte rasen, „Catcalling“ etc.). So mancher Kerl trägt seinen Latz eben im Kopf… Vielleicht wäre die Neuauflage der Schamkapsel eine echte Alternative zu diesen unterschwelligen Ausübungen sexueller Macht. Mit ihr könnten Sexisten einfach zu dem stehen, was sie sind. – Statt sich hinter „irgendwie entschuldbaren“ Handlungen à la Donald Trump (Stichwort: Männergequatsche in der Umkleide) zu verstecken. Frauen wüssten gleich beim ersten Date, beim Vorstellungsgespräch, beim Geschäftstreffen woran sie sind und könnten sich entsprechend wappnen – oder einfach gehen. Dafür ambivalente
Komfort
Auch hier würde gelten: je maßgeschneiderter, desto bequemer. Sicherlich würde es neben teuren und individuell gefertigten Stücken sehr billige Massenware geben, die scheuert und quetscht. Der Hälfte der Weltbevölkerung würde das aber egal sein, deshalb maximal
Trendsetter-Potenzial
Man soll nie „nie“ sagen, aber dass sich die Schamkapsel nochmal als massenmodisches Accessoire durchsetzt, scheint unwahrscheinlich. Im Glauben an das Gute und die moralische Weiterentwicklung des Menschen hoffen wir einfach darauf, dass Feminist:innen dem Einhalt gebieten würden.
DIE ALLONGEPERÜCKE
Nochmal eine Männerfrisur, bei der das Haar offen getragen wird. Wenn auch nicht zwangsläufig das eigene.
Denn ab ca. 1630 stülpten feine Herren ihrem naturgegebenen Kopfbewuchs immer voluminösere Perücken über,
die zum Ende des Jahrhunderts hin zusätzlich weiß gepudert wurden.
Verwendung heute
Langes, wallendes Haar ist nie aus der Mode gekommen. Auch heute wird hier mit Haarteilen und -verlängerungen vorgegauckelt, mehr zu haben als man hat. Genauer: was Frau hat, denn bisher haben Extentions und falsche Dutts
noch keinen Einzug in die Frisurenwelt der Männer erhalten. Mit der Allongeperücke könnte hier Abhilfe geschafft werden.
Sie ist für jede Jahreszeit geeignet und eine zuverlässige Begleiterin sowohl im Privatleben als auch bei gesellschaftlichen Verpflichtungen. Nachteilig wirkt sich der hohe Pflegeaufwand aus. Darum hier
Komfort
Das Praktische an einer Perücke ist, dass man sie nach Belieben an- und ausziehen kann. Schon allein dafür
Trendsetter-Potenzial
Geschlechtsspezifische Zuschreibungen von Schönheitsartikeln passen nicht mehr in unsere genderneutrale Zeit.
Die Allonge-Perücke könnte zum Symbol des modernen Mannes werden. Doch fördert die flexible An/Aus-Verwendung ein Tragen rein nach persönlichem Befinden und Gutdünken.
– Ein Manko, das diesem Kopfschmuck als kompromissloses Statement gegen Rollen- und Geschlechterklischées im Wege steht. Daher nur
DIE FONTANGE
war das weibliche Pendant zur Allonge. – Was in den 1680er Jahren als hochgestecktes Haar mit Haube begonnen hatte,
wuchs über fast 100 Jahre hinweg zu gigantischen, mit Pferdehaar ergänzten, drahtgestützten Frisuren heran.
Seinen buchstäblichen Höhepunkt erreichte der Trend in den 1770ern in der Coiffure à la Belle-Poule (s.u.).
Verwendung heute
Unerreichbar ist die Fontage bezüglich ihres gestalterischen Potenzials. Wer sich in der Werbe-, Kreativ- und natürlich der Modebranche einen Namen machen will, dem kann sie dort in Lichtgeschwindigkeit Tür und Tor öffnen (aber Achtung mit der Höhe!). Denn wer punktet beim Vorstellungsgespräch hinsichtlich der hohen Identifikation mit der Firmenphilosophie mehr als die Bewerberin, die das Firmenlogo oder Produkte des Hauses gekonnt in ihre Haarpracht zu integrieren verstanden hat? Für die Otto-Normal-Verbraucherin dürften die Vor- und Nachteile denen des Hennin und seinen Weiterentwicklungen allerdings ähnlich sein, deswegen
Komfort
Auch hier lassen sich die Pros und Contras der bereits besprochenen, hohen Kopfbedeckungen übertragen. Hervorzuheben ist bei der Fontage jedoch ihre lange Haltbarkeit. Ist der Draht in Form gebracht und diese durch ausreichend Pomade und Sprühkleber fixiert, sitzt die Frisur.
Nach dem Aufstehen, der Windböe, der Kollision mit einer anderen Fontage: Einfach hier und da ein bisschen ausbeulen und zurechtdrücken
– schon ist sie wieder perfekt. Hält Jahre! Verdiente
Trendsetter-Potenzial
Langes, volles, glänzendes Haar war und ist Zeichen von Vitalität und Gesundheit. Die Haarpflege-Industrie verdient Millionen mit dem Versprechen, durch Zusätze wie Vitaminkomplexe, wertvolle Öle, Planzenextrakte etc. den Kopfbewuchs besser zu ernähren als wohl manche:r Träger:in sich selbst. Wer – ob natur- oder friseurgegeben – über ausreichendes Material verfügt, sollte sich nicht scheuen, dieses herauszustellen. Frauen tragen hohe Schuhe, wieso sollen sie da nicht auch hohe Haare tragen? Deshalb
KRINOLINE und TOURNÜRE
Die eine klingt wie der Name eines leckeren Gebäckstücks à la Schmalzkringel, die andere verdächtig nach Tortur…. Reifröcke hatte es auch davor gegeben, aber ihr Umfang wuchs mit der Krinoline ab den 1840er Jahren – um im Bild zu bleiben – vom kleinen Schmalzkringel zur mehrstöckigen Torte. Die Tournüre löste die Krinoline ab ca. 1870 ab. Hier lag der optisch gesetzte Fokus auf dem wahrlich herausragenden Hinterteil. Um 1888 geriet der Reifrock dann vollkommen aus der Mode.
Verwendung heute
Bei Frauenmode ging es niemals nur darum, WAS frau trägt, sondern auch, WIE der Körper dabei auszusehen hat. Nämlich möglichst den jeweiligen Schönheitsvorstellungen entsprechend. Der Vorteil der Reifmodelle ist, dass sie wunderbar anpassungsfähig sind. Ausladende Hinterteile à la Kim Kardshian sind gerade schwer angesagt, Hüpfspeck jedoch total out. Das Drahtgestell des Reifrocks kann ganz einfach umgeformt werden, sollte es hier eine Umkehrung geben. Nachteilig sind der höhere Wohnraumbedarf und anfallende Kosten für zusätzliche Platzreservierungen in Zügen, Flugzeugen ect. Daher
Komfort
Mag der neugewonnene Umfang für die ein oder andere Trägerin zunächst auch ungewohnt sein, wird sie die Vorteile ihrer Krinoline sehr bald nicht mehr missen wollen: Selbst in non-pandemischen Phasen bleibt der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Menschen gewahrt. In Zeiten von Landflucht und Überbevölkerung verschafft der Reifrock dadurch kleine Inseln der Ruhe und Kontemplation. Dafür
Trendsetter-Potenzial
Beide Modelle haben, neben den bereits aufgezählten, einen unschlagbaren Vorteil: Sie sind gesundheitlich völlig unbedenklich. Kommt es bei Schönheits-OPs in diesem Bereich (gerade im Trend: der Brasilien Butt Lift, zu deutsch: Popovergrößerung) immer wieder zu schweren Komplikationen, können Krinoline und Tournüre völlig risikofrei getragen werden. Neben der flexiblen Formbarkeit beider Modelle liegt hierin das große Potential als modisches Kleidungsstück für die gesundheits- wie nachhaltigkeitsbewußte Frau unserer Zeit. Dafür glatte
UND DER GEWINNER IST… DER HENNIN
Hättet Ihr es gedacht? Der Hennin schneidet in unserem Ranking am besten ab. Klare Verlierer sind die Kinnbinde und die Schamkapsel. Vielleicht fällt Ihr aber ein ganz anders Urteil über die hier vorgestellten Kleidungsstücke. Welches ist Eurer Favorit, welches geht für Euch garnicht? Ich freue mich über Kommentare!
Und zum Ende ein kleiner Diskurs: Wer modisch „in“ ist, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Eine kleine Sammlung von Mode-Karrikaturen und -comics habe ich Euch hier zusammengestellt: https://gestatten-kunst.de/gestatten-wer-in-sein-will/
Anonym: Modegazette für Damen, Die neueste Mode für November 1864, Rijksmuseum Amsterdam | Barthel Beham: Magdalena Pittrichin, 1528, Nasjonalmuseet for kunst, arkitektur og design, Oslo | Meister von Großgmain: Christus am Kreuz zwischen den hll. Maria und Johannes, Katharina und Sebastian (Detail), © Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll | Meister der Anbetung mit dem Bindenschild: Anbetung der Hl. Drei Könige (Detail), © Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll | Anonym (niederländisch oder französisch): Porträt einer Frau, ca. 1470-80, Metropolitan Museum of Art, New York | Südniederländisch: Höflinge in einem Rosengarten, Vier Damen und vier Herren, 1440-50, ebd. | Niederländischer Maler: Porträt eines Mannes im Chaperon, 1440er, ebd. | Jacometto: Porträt eines jungen Mannes, 1480er, ebd. | Giovan Battista Moroni: Porträt von Antonio Navagero, ca. 1565, ©Pinacoteca di Brera, Milano | Arnold Boonen: Porträt von Pieter van de Poel, 1690 1729, Rijksmuseum Amsterdam | Jacob Gole, nach John Smith of Chichester: Porträt der Königin Maria II Stuart, 1689-1724, ebd. | Anders Bergius: Porträt von Hulleborg Hielm, geb. Abel, ca. 1780, Norwegisches Nationalmuseum, © Nasjonalmuseet/Høstland, Børre | Anonym: Coiffure à la Belle Poule, 1778, Rijksmuseum Amsterdam | Anonym: Journal des Demoiselles, 1856, ebd. | A. Bodin, nach Jules David: Le Journal des Dames et des Demoiselles, 1875, ebd.