Gestatten – Mehr wabi-sabi für Alle!

Ein paar Gedanken zum nicht mehr ganz so neuen Jahr

Hinweis zum Beginn: Eigentlich wollte ich über Fragmente schreiben, aber… nun ja. Und eigentlich hatte ich mir vorgenommen, diesen Beitrag schon im Januar zu posten, aber… siehe unten.

Noch ein Hinweis: Es folgt ein Beitrag mit einiger Nabelschau und viel Mimimi. Ich weiß, die Welt hat gerade andere Probleme. Aber darüber zu schreiben, überlasse ich lieber denen, die das können.

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Gute Vorsätze – ungebraucht und günstig abzugeben

Und? Habt Ihr zum neuen Jahr auch wieder ein paar gute Vorsätze gefasst? Wollt Ihr auch endlich die Lücken schließen, die bisher so hässliche Löcher in die Idealvorstellung von Euch selbst  machen? Ich persönlich will ja seit Jahren das Gleiche: Beruflich endlich durchstarten und das Schreiben über Kunst zum ersten Standbein meiner Existenz machen. Immerhin: Ich bin nun seit 10 Jahren selbständig. Und seit vier Jahren schreibe ich diesen Blog (korrekt müsste es „dieses Blog“ heißen, aber es klingt so falsch!). Da sollte es doch endlich mal so weit sein!

Dass ein Blog nicht automatisch die Lizenz zum Gelddrucken ist, ok, davon war ich nicht wirklich ausgegangen. Aber das er nach vier Jahren doch eher vor sich hindümpelt, kaum gelesen wird und mich meinem Ziel, mit dem Schreiben Geld zu verdienen, kaum näher gebracht hat – das frustriert mich dann doch.

Hier bin ich! – Bitte schauen Sie weg.

Gut, ich bin nun auch nicht die Meisterin der Selbstdarstellung. Ich mag mein Antlitz nicht überall posten, nicht bei jeder Gelegenheit die Werbetrommel für mich drehen. Und – sosehr ich meinen Job auch liebe ich rede nicht gerne über mich und meine (natürlich unglaublichen) Fähigkeiten. Wenn´s nach mir ginge, würde allein meine Anwesenheit, digital wie analog, dafür ausreichen, dass man mich mit Anfragen überhäuft. Hier bin ich. – Mehr darf man mir nicht abverlangen.

Kurz: Ich bin also selber schuld an meinem lückenhaften Job-Dasein. Warum habe ich mich denn nicht auch schon vor Jahren zum Thema Selbstoptimierung coachen lassen? Längst die Weiterbildung im Bereich Erfolgsstrategien gebucht, den Kurs Sichtbarkeit und Content schaffen besucht und den zur Reichweitengenerierung gleich hinterher? Oder muss ich tiefer gehen? Vielleicht liegt der Hund ja darin begraben, dass ich meine permanente Weiterentwicklung vernachlässigt habe. Vielleicht sollte ich doch endlich mal meine inneren Blockaden erkennen, meine Glaubenssätze entdecken und überwinden. Um dann die Göttin in mir zu finden. Oder wenigstens meine feminine Seite.

Wahn oder Sinn?

Ok, was Letzteres betrifft, kann ich mir einen teuren Kurs sparen. Ich schaue einfach in den Spiegel. – Da ist sie! Und das mit der Göttin in mir – ich weiß nicht… Ich glaube, das wäre mir dann doch zu viel Verantwortung (Kennt Ihr den Film Bruce allmächtig? Dann wisst Ihr, was ich meine.). 

Und beim Rest…? Ich will nicht sagen, dass die Kurse, Workshops und Seminare, die ich aufgezählt habe (und die es wirklich gibt!), per se unsinnig und überflüssig sind. Aber das wahn(!)-sinnige(?) Überangebot an Optimierungsmöglichkeiten löst bei mir mittlerweile nur noch zwei Reflexe aus: Erst Bockigkeit – und dann das unbestimmte Gefühl, dass mit mir bestimmt auch grundsätzlich etwas nicht stimmt… Nicht stimmen kann! Denn ich bekomme ja ständig vor Augen gehalten, was und wie viele Mängel überhaupt möglich sind! Bei dem Überangebot MÜSSEN ja welche für mich dabei sein! Ich hatte nur bisher keine Ahnung davon.

Das kann ja heiter werden…

Neulich wurde tatsächlich über diesen Blog ein Projekt an mich herangetragen (danke an AvH!): Ich sollte jungen Menschen in einem Workshop das Bloggen beibringen. Ich habe noch nie einen Kurs geleitet. Ich habe null mit Menschen um die Zwanzig zu tun. Und eigentlich hatte ich keine Zeit. Deswegen habe ich JA gesagt. Weil ich mich über die Weiterempfehlung gefreut habe. Weil ich mich beim Thema sattelfest genug fühlte. Weil ich dachte, ich kann das gut rüberbringen. Und weil ich Urlaub dafür nehmen konnte.

Im Nachhinein muss ich sagen: Mein Bauchgefühl hat mich noch nie getäuscht. Wenn ich schon beim Erstkontakt Magengrummeln hatte, ist aus einem Projekt entweder nix geworden oder die Zusammenarbeit hielt nicht lang. Bei anderen Anfragen dachte ich (mein Kopf): ´Uiuiui, das kann ja heiter werden!`Und es wurde heiter. Und so war ich nach der Kurs-Woche zwar komplett im Eimer, aber ich (und noch viel wichtiger: die Teilnehmer:innen) waren total zufrieden.

Deswegen lautet mein Vorsatz für dieses Jahr und in alle Ewigkeit: Nicht darüber phantasieren, was alles noch sein könnte, aber nicht ist. Schauen, was kommt, annehmen, was passt. Mut zum Nein. Mut zur Lücke! Im Japanischen gibt es dafür den Begriff Wabi-sabi. Was klingt wie dieses scharfe grüne Pulver, meint die Fähigkeit, im Unvollkommenen das Schöne zu sehen und die natürlichen Prozesse von Veränderung und Zerfall zu akzeptieren.

Mehr wabi-sabi für uns alle!

Und Ihr so? Gute Vorsätze bereits um- oder schon abgesetzt? Schreibt es mir doch in die Kommentare!

Nächstes Mal (habe ich mir vorgenommen), schreibe ich dann wirklich über Fragmente in der Kunst!

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Fragment eines Königinnen-Kopfes, ca. 1353-1336 v. Chr., Amarda Periode, Metropolitan Museum of Art, New York | Edgar Degas: Madame Théodore Gobillard – Yves Morisot (unvollendet), 1869, ebd. | Venus von Milo, Ende 2. Jh. v. Chr., Foto: Tabitha Turner on Unsplash | Gustav Klimt: Dame in Weiß (unvollendet), 1917-18, Belvedere Wien

5 thoughts on “Gestatten – Mehr wabi-sabi für Alle!

  1. Ach – ich hab hier in den Kommis noch (fast) nie geschrieben. Jetzt wird’s Zeit. Esther, ich mag deinen Schreibstil und hab beim Lesen immer ein Lächeln im Gesicht (nun ja, wo auch sonst). Schöner Einblick und so mimimi find ich’s nicht. Wabi-sabi kannte ich ich nicht, gefällt mir, mach ich gerne mit … ich winke mal nach Köln (?) … lieben Gruß aus dem Haupt(stadt)dorf, Simone 🙂

  2. Spannende Idee Kunstinteresse zu wecken und Wissen zu vermitteln.
    Bin gespannt…
    Beste Wünsche, alles Gute –
    Carsten

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